Zeitreise Gegenwart

Geschichte der Vereinigten Kirchen- und Klosterkammer Erfurt 1946/1947 mit Sitz im Weimarer Residenzschloss

Am 1. Oktober 1946 wurde eine Stiftungs- und Klosterkammer des Landes Thüringen errichtet und am 1. November 1946 ins Leben gerufen. Diese unterstand zunächst der Präsidialabteilung, die ihren Sitz im Fürstenhaus Weimar (Platz der Demokratie 2) hatte. Durch die Zuständigkeit des Ministeriums für Justiz für Stiftungen erfolgte Ende 1946 / Anfang 1947 eine weitere Verrechtlichung. Am 26. März 1947 - rückwirkend zum 1. Januar des Jahres - wurde die Verordnung über die Errichtung  der Vereinigten Kirchen- und Klosterkammer als Stiftung des öffentlichen Rechts und die Aufhebung der in ihr zusammengefassten Einzelstiftungen vom Minister für Justiz erlassen. Rechtskraft erhielt die Verordnung durch ihre Veröffentlichung im Regierungsblatt für das Land Thüringen. Teil II: Amtsblatt (19. April 1947) Nr. 13, S. 160-161.

Die Verbindung zum Ministerium für Justiz – es hatte seinen Sitz im Schloss – dürfte dazu geführt haben, dass die Stiftung dort auch ihren Sitz nahm. Der Umzug lässt sich dabei gegenwärtig nur grob auf den Zeitraum nach dem 4. Februar und vor dem 5. Mai 1947 eingrenzen. Die Vereinigte Kirchen- und Klosterkammer firmierte dann rund zwei Jahre unter der Schlossadresse. Für 1948 konnten schließlich konkretere Informationen zur Unterbringung der Stiftung im Schloss ermittelt werden. Speziell geht es um Mietverhandlungen zwischen der Großherzoglich Sächsischen Schatullverwaltung und dem Land Thüringen über die Vermietung und Nutzung von Räumen im Residenzschloss, die laut Auseinandersetzungsvertrag vom 18. Oktober 1921 den Mitgliedern der großherzoglichen Familie zugefallen waren. Für das Justizministerium hatte das Mietverhältnis im Südflügel am 1. Mai 1946 für die hier relevanten Örtlichkeiten begonnen. Im 1. Obergeschoss des Flügels gehörten dazu die Räume Nr. 293-309, von denen – so in einem Schreiben vom 14. Mai 1948 erwähnt – die Räume 293, 294 und 299 durch die Vereinigte Kirchen- und Klosterkammer benutzt wurden. Laut Weimarer Adressbuch von 1949 lässt die Telefondurchwahl des damaligen Präses dem widersprechend vermuten, dass sich die Räumlichkeiten der Stiftung nicht direkt im Schloss, sondern in der Bastille befanden. Nach derzeitigem Stand der Recherchen ist der konkrete Sitz - Schloss oder Bastille - nicht genau feststellbar.

Im Kontext zur Verlagerung der Ministerien von Weimar nach Erfurt 1949/50 dürfte auch die Übersiedlung der Vereinigten Kirchen- und Klosterkammer in die neue Landeshauptstadt erfolgt sein. Die Verlegung aus Weimar nach Erfurt in das dort erworbene Verwaltungsgebäude, Straße der Einheit 34 (der heutigen Alfred-Hess-Straße), fand zum 01. September 1949 statt. Das der Stiftung unterstellte Hauptrentamt in Erfurt, Gartenstraße 61, siedelte ebenfalls in das künftige Amtsgebäude über. Nachdem das Gebäude instandgesetzt und bezogen wurde musste die Vereinigte Kirchen- und Klosterkammer dieses bereits 1951 wieder räumen und konnte es erst im Jahre 1960 erneut, nunmehr endgültig, beziehen.  

Mit ihrer Gründung 1947 übernahm die Vereinigte Kirchen- und Klosterkammer  die  Verwaltung der Thüringischen Waisenstiftung und des Stiftes Ilfeld, das vor der Spaltung Deutschlands der Klosterkammer Hannover zugeordnet war. In einem eigenen Vertrag vereinbarten die Chefs beider Kammern: „Sollte späterhin die Verwaltung des Stiftes Ilfeld wie bisher wieder durch die Klosterkammer Hannover möglich sein, werden sich die Vertragspartner über die Rückgabe der Verwaltung an die Klosterkammer verständigen.“ Was mit der Spaltung Deutschlands begann, wurde mit dem historischen Geschenk der Wiedervereinigung Wirklichkeit. Am 01.01.1991 ging die Verwaltung des Stiftes wieder auf die Klosterkammer Hannover über, geblieben ist eine besondere Partnerschaft. Ganz offensichtlich stand die Klosterkammer in Hannover Pate bei der Namensgebung der VKK.

 

 

 

 

 

 

Dieser kirchliche Name und das im Gründungserlass vorgesehene Mitspracherecht der Kirchen wirkte als eine Art Schutzschild. Bereits kurz nach der Gründung der VKK entfachte sich ein Rechtsstreit. Ausgelöst wurde er allem Anschein nach durch die sowjetische Militäradministration, denn sie erwägt, die von der Vereinigten Kirchen- und Klosterkammer verwalteten Güter nachträglich in die Bodenreform einzubeziehen. Letztendlich obsiegte die Rechtsauffassung, dass es sich bei den Gütern um Eigentum kirchlicher Herkunft handelt, über das der Staat nur die treuhänderische Obhut ausübe. 

Der Kammer blieb während der folgenden DDR-Zeit die große Aufmerksamkeit verwehrt. Einige "Filetstücke" von insgesamt 50 ha, wie etwa das Gelände der Erfurter Gartenausstellung, und die Fläche des Erfurter Flughafens, mussten an die DDR zwangsverkauft werden, es hätte aber viel schlimmer kommen können. Die Stiftung konnte sich mit in der Kirchennische einrichten, vor der dem Herrschaftsanspruch des Staates Grenzen gezogen waren. Man kann es als ein kleines Wunder ansehen, dass die Vereinigte Kirchen- und Klosterkammer die DDR-Zeit einigermaßen unbeschadet überstanden hat und sogar in der Lage war, bis 1989 etwa 6 Millionen DDR-Mark für kirchliche und gemeinnützige Zwecke auszureichen. Die Wende hat den Spagat zwischen Rechtsstaatlichkeit und politisch motivierter Gängelung beendet und die Möglichkeit eröffnet, der Vielfalt und Weite des ursprünglichen Stifterwillens wieder die angemessene Geltung zu verschaffen. Diesem Ziel fühlt sich die VKK bis heute nachhaltig verpflichtet.     

                

 

 

 

 

 

Richtig ertragreich ist die Stiftung erst nach der Wende geworden. Dies lag unter anderem daran, dass die Kammer den Erbbauzins von 1925 sowie Pachten auf ein vertretbares, zeitgemäßes Niveau anheben musste. Der kurzfristige Unmut war verständlich, letztendlich war aber ein Einsehen. Sowohl Erbbaurechtsnehmern, als auch Pächtern, gilt der nachträgliche Dank, eine Erhöhung in diesem Maße hat seit dieser Zeit nicht mehr stattgefunden. Hinzu kam der glückliche Umstand, dass in der Nachwendezeit viele Ackerflächen im Einzugsgebiet von Erfurt in Bauland umgewandelt wurden.

Den Stiftern folgend ist die Vereinigte Kirchen- und Klosterkammer heute in der Lage, jährlich Stiftungsmittel in spürbarer Höhe für die gute Sache zu vergeben. Die Stiftungszwecke müssen weder gleichzeitig noch in gleichem Maße verwirklicht werden. Bei ihrer Erfüllung sind die Vermögensanteile der Altstiftungen und -fonds ebenso zu berücksichtigen, wie Sorgfalt auf die Transkription historischer Zwecksetzungen in die Gegenwart zu verwenden ist. Der Zukunft verpflichtet hat die Stiftung darüber hinaus den festen Willen, mit Erträgen Verlorenes aus DDR-Zeiten aufzuholen, neue Liegenschaften mit der Intention zu erwerben, das Erbe auf ewig fortzuschreiben.

Bedauerlicherweise ist es bis heute noch nicht gelungen, Vermögensteile untergegangener Stiftungen oder Fonds in Höhe und genauem Zweck exakt zuzuordnen. Auch hat sich die Bedeutung der einzelnen Stiftungszwecke im Zeitablauf deutlich verschoben. Während 1947 die Topfstedtsche Spende "Almosen an Stadtarme" noch Berücksichtigung findet, wird 1971 jener ministerielle Erlass verändert, und dieser Punkt fällt völlig weg. Begriffe wie Stadtarme, Brotspende, Almosen waren in einer sozialistischen Gesellschaft geschichtliche Begriffe, da nicht sein konnte, was es in der DDR offiziell nicht geben durfte. Ebenso hat sich die Anzahl der Destinatäre verschoben. So ist zum Beispiel die Anzahl "besonders bedürftiger Waisen" stark zurückgegangen, andererseits hat die juristische Wiederbegründung der Erfurter Universität am 01.01.1994 bereits erloschene Stiftungszwecke wiederaufleben lassen. 

 

 

 

 

 

 

 

Mit dem neuen Ressortzuschnitt der Landesregierung nach der Wahl 2014 aber auch der Fusion der Evangelischen Landeskirchen zur EKM wurden redaktionelle Änderungen der Satzungsinhalte notwendig. Darüber hinaus wurden zwischen dem letzten Satzungserlass in 1999 bis heute fast ununterbrochen vielfältigste Diskussionen über das Verständnis der Rechtsgrundlagen der Klosterkammer mit den beteiligten Ministerien geführt. Die endlich darüber erzielten Übereinstimmungen haben teils deklaratorisch, teils in Ergänzung inhaltlicher Bestimmungen nunmehr Eingang in die neue Satzung gefunden, auch um dem Stifterwillen der in der Klosterkammer aufgegangenen Vorläuferstiftungen und Fonds angemessen Rechnung zu tragen. Die neue Satzung wurde in der Kuartoriumssitzung vom September 2016 einstimmig beschlossen, die ministerielle Genehmigung erfolgte im Dezember desselben Jahres.

Die Satzungszwecke sind ein Kompendium dieser historischen Stifterwillen, transkribiert in die Gegenwart. Keiner dieser Stiftungszwecke hat dabei bis heute an Aktualität verloren.

 

DEM WILLEN DER STIFTER FOLGEND – DER ZUKUNFT VERPFLICHTET

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